SP-Parlamentarier an der Fluglärm-Front
Nationalräte Günter, Allemann und Widmer besuchen Flugplatz Unterbach
Die Schlussfolgerungen der SP-Delegation um den Därliger Nationalrat Paul Günter sind klar: Der Fluglärm des Flugplatzes Unterbach ist für Bewohner und Touristen untragbar. Sie fordert vom Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative von Franz Weber. Darin müsse ein Katalog mit Lärmschutzmassnahmen enthalten sein.
Peter Hug, politischer Fachsekretär der SP, Nationalrätin Evi Allemann, Nationalrat Hans Widmer und Nationalrat Paul Günter beim Besuch des Flugplatzes Unterbach.
Am Freitag besuchte eine Delegation der SP um den Därliger Nationalrat Paul Günter den Flugplatz Unterbach. Neben Günter nahm die Berner Nationalrätin Evi Allemann, Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen, Hans Widmer, Nationalrat aus Luzern und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK), und Peter Hug, Fachsekretär der SP, teil. Bevor am Montag die Initiative von Franz Weber «gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten» im Parlament besprochen wird, wollten sich die Politiker ein Bild vor Ort machen. Schon an der Sitzung der SiK im Januar beantragte Günter, dass zumindest die Kommission den Fluglärm vor Ort erlebt. Der Antrag wurde verworfen. Zumindest die SVP scheint inzwischen ihre Meinung revidiert zu haben. Am Mittwoch besuchte eine SVP-Delegation den Militärflugplatz.
Gespräche mit den Beteiligten
In einem ersten Teil suchten die SP-Politiker das Gespräch mit den verschiedenen betroffenen Parteien. Auch mit der IG gegen Fluglärm (IGF), der Hotellerie und der Meiringer Gemeindepräsidentin Susanne Huber. Am Nachmittag hörte man sich unter der Führung von Flugplatzkommandant Paul Schild und Geschwaderkommandant Peter Merz die Starts zweier F/A-18 an. Diese benutzten, um besser vom Boden wegzukommen, Nachbrenner, schalteten diese aber unmittelbar nach Pistenende aus. Dieses Vorgehen ist streng militärisch gesehen kein Nachbrenner-Start und belastet die unmittelbare Umgebung stärker mit Lärm, die weiter entfernte weniger. Zudem sei es so möglich, mit zusätzlichen Treibstofftanks zu starten, was eine längere Einsatzdauer ermögliche und die Anzahl der lärmintensiven Starts und Landungen reduziere, erklärte Schild. Zwei weitere Starts hörten sich die Parlamentarier von Brienzwiler aus an.
«Nachbrenner-Starts sind unzumutbar»
Das Fazit der SP-Delegation nach dem Besuch ist klar: «Wir haben heute selber gehört, wie viel Lärm Kampfjets im Tourismusgebiet Berner Oberland verursachen können. Die Starts mit Nachbrenner sind für die betroffene Bevölkerung unzumutbar», erklärte Widmer. Die Forderungen der SP: Der Bundesrat muss auf die Initiative Weber zurückkommen und einen indirekten Gegenvorschlag erarbeiten. Es brauche einen verbindlichen Katalog von Lärmschutzmassnahmen. Eine Lärmsanierung betroffener Liegenschaften an der gesamten Gebäudehülle, Ausweitung der Flugverbotszeiten, namentlich während der Tourismussaison und im Tagesverlauf, und einen neuen Auftrag an die Luftwaffe, der von einem bedrohungsgerechten luftpolizeilichen Einsatzkonzept ausgeht.
FDP und CVP fehlten vor Ort
Ein solcher Gegenvorschlag sei auch im Interesse der Luftwaffe, ist Günter überzeugt. «Alles andere wäre Wasser auf die Mühlen der Befürworter der Initiative getragen.» Es sei durchaus wahrscheinlich, dass Franz Weber seine Initiative zurückziehe, wenn ein annehmbarer Gegenvorschlag vorhanden ist, meinte Hug und bezog sich auf ein Gespräch mit dem Initiant. Dass das Thema auch nationalen Zündstoff berge, zeige die Aktion der SVP. «Dieselben die in der Kommission noch einen Besuch vor Ort ablehnten, kamen nun selbst vorbei», meinte Widmer. Dies deute darauf hin, dass die Initiative nun wohl doch ernst genommen werde. «Es ist nur schade, dass sich CVP und FDP nicht doch noch dafür entschlossen haben, sich uns anzuschliessen», erklärte Evi Allemann.
Fehlende Verbindlichkeiten
Paul Schild nutzte die Gelegenheit, den SP-Parlamentarier aufzuzeigen, welche Bemühungen die Luftwaffe im Moment unternimmt. «Es braucht ein Nebeneinander und ich bin überzeugt, dass die Armee weiter nötig ist», schickte der Flugplatzkommandant voraus. So laufe die Planung für die nächsten Jahre, wo weiter die touristische Saison berücksichtigt werden soll. Die WKs sollen in die weniger intensiven Monate fallen. Schild zeigte sich optimistisch, dass etwa im 2009 die Pistensanierung im Juli und der WK im November durchgeführt wird. Dies wurde von den Parlamentariern begrüsst. Gleichzeitig forderte Günter aber Verbindlichkeiten. «In der Bevölkerung ist ein Misstrauen gegenüber der Luftwaffe festzustellen, das liegt sicher auch daran, dass bisher Verbindlichkeiten fehlen.» Auch hier könne ein indirekter Gegenvorschlag mit verbindlichen Massnahmen Besserung bringen.
Jürg Nussbaum (links), Chef Kommunikation der Luftwaffe, im Gespräch mit Nationalrat Paul Günter. Flugplatzkommandant Paul Schild diskutiert mit dem Luzerner Nationalrat Hans Widmer (rechts).
Dass ein F/A-18 laut ist, bestreitet niemand. Unterschiedlich sind die Auffassungen, wie damit umzugehen ist.
Foto: Christian Iseli
Aus drei mache fünf
«Seit Jahren suchen die betroffenen Anwohner, Hoteliers, Touristiker und die Vertreter der IGF den Dialog mit den Behörden, vor allem mit dem VBS, um den unzumutbaren Fluglärm, insbesondere durch den Einsatz des Militärjets F/A-18, einzudämmen. Bislang vergeblich», schreiben der Hotelierverein Brienz und die IGF in einer gemeinsamen Erklärung. In dieser dankten sie der SP-Delegation für den Besuch und den «Ohrenschein» vor Ort. «Erstmals konnten alle Gruppierungen Stellung beziehen und die dramatische Lage schildern.»
Weiter forderten die beiden Vereine, dass die Anzahl der Jet-Flugplätze von drei auf fünf erhöht werde. Unter anderem solle Dübendorf reaktiviert werden. «Dadurch können die Einsätze auf fünf Flugplätze, die in verschiedenen Regionen liegen, gleichmässig verteilt werden.» Diese Lösung sei einfach und finanziell machbar. Sie garantiere einerseits das Überleben der Luftwaffe und komme andererseits den Bedürfnissen der Anwohner sowie der Touristen aus aller Welt in Sion und Unterbach entgegen.
Die zehn Forderungen des Hoteliervereins Brienz
– Die Flugbewegungen sind auf dem durchschnittlichen Stand der letzten fünf Jahre (2001 bis 2005) einzufrieren.
– Die Einsätze mit dem Militärjet F/A-18 sind auf maximal 500 Einsätze pro Jahr zu limitieren.
– Die Einsätze mit Nachbrennern sind auf maximal 50 Starts festzulegen.
– Während der touristischen Hochsaison werden keine Einsätze geflogen, sprich vom 15. Juni bis 15. September (dies entspricht ungefähr dem Zeitrahmen Mitte Mai bis Mitte Oktober, in welchem auch keine Schiessübungen auf der Axalp durchgeführt werden).
– Im Winter, ab November bis März, finden die Starts Richtung Brienz statt, während den anderen Monaten Richtung Meiringen (so die Wetter-Verhältnisse dies zulassen).
– Wiederholungskurse und Rekrutenschulen, welche den Flugplatz Meiringen benützen, sind ab Mitte Oktober bis Ende April aufzubieten.
– Das Berufsfliegerkorps (Überwachungsgeschwader) wird nicht wie vorgesehen in Meiringen platziert und fliegt auch keine regelmässigen Einsätze ab diesem Militärflugplatz.
– Limitierung und Einhaltung der Flugzeiten von 8.30 bis 12.00 und von 14.00 bis 17.30 Uhr; keine Flüge während zwei Stunden über die Mittagszeit.
– Es werden keine Einsätze ausländischer Fliegertruppen ab Militärflugplatz Unterbach-Meiringen durchgeführt.
– Das VBS nimmt jederzeit Rücksicht auf die sich wandelnden Bedürfnisse der Bevölkerung, des Gewerbes und des Tourismus in Bezug auf Lärmempfindlichkeit.
Umfrage der Woche
Wie soll es in der Fluglärmdiskussion im Oberhasli weitergehen? Soll der Bundesrat der Forderung der SP-Delegation nachkommen und einen Massnahmenkatalog erarbeiten? Ist dies nicht nötig und die Initiative von Franz Weber muss klar abgelehnt werden? Oder hat der Initiant recht und Übungsflüge über Erholungsgebiete müssten verboten werden? An der nicht repräsentativen Umfrage dieser Zeitung können Sie bis am kommenden Sonntagabend auf www.jungfrau-zeitung.ch teilnehmen. (sgg)
Diskussionsrunde geplant
Im Gespräch zwischen den Gemeindepräsidenten aus der Region Brienz-Oberhasli und Bundesrat Samuel Schmid ist die Idee eines Diskussionstisches zum Militärflugplatz Meiringen entstanden. Nach Angaben der Oberhasler Regierungsstatthalterin Yvonne Kehrli sollen daran eine Delegation der Gemeindepräsidenten teilnehmen sowie Vertreter der Luftwaffe und der vom Fluglärm direkt Betroffenen. «Wir wollen so konkrete Lösungen zu akuten Problemen herbeiführen», erklärt Kehrli. Im Grundsatz begrüsse man die Idee der Diskussionsrunde, sie muss aber zuerst noch definitiv zusammengesetzt werden. Einer der heiklen Punkte, die in dieser Runde diskutiert werden dürften, sind die Lärmschutzmassnahmen, deren unverzügliche Umsetzung Bundesrat Schmid bei der Aussprache vor kurzem versprochen hatte. (am)
fluglaerm
2007.03.11. 11:31 oliverhannak
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